Für Demokratie und Gerechtigkeit

20.10.2016
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Wolfgang Gehrcke, DIE LINKE: Für Demokratie und Gerechtigkeit (Fraktion DIE LINKE. im Bundestag)

 

Rede zu TOP 17 – LINKE-Antrag „Frieden, Demokratie und soziale Gerechtigkeit für Lateinamerika …“ am 20. Oktober 2016

Wolfgang Gehrcke (DIE LINKE):

Danke sehr, Frau Präsidentin. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben uns sehr darum bemüht, die Bundesregierung zu ermuntern, zu dem geplanten EU-Lateinamerika-Gipfel, wenngleich auch nicht auf der Ebene der Regierungschefs, sondern der Außenminister, eine Regierungserklärung abzugeben. Wenn man weiß, welche Bedeutung Lateinamerika in der Zusammenarbeit und bei den Anstrengungen zur Bekämpfung von Hunger und Armut hat, wäre das durchaus angemessen gewesen. Man muss den Ländern Lateinamerikas mehr anbieten können als nur diese unsäglichen Debatten über Freihandelsverträge.

(Beifall bei der LINKEN)

Das hätten wir gerne gehabt. Die Regierung wollte das nicht. Deswegen haben wir mit einem eigenen Antrag im Vorwege ein paar Vorschläge eingebracht. Ich will das zuspitzen auf drei Länder, die aber exemplarisch stehen.

Das erste Land ist Kuba. Die Beziehungen zwischen Deutschland und Kuba haben sich grundlegend verbessert. Das ist ein großer Vorteil. In Kuba findet ein Prozess von wirtschaftlichen Reformen statt, von denen ich sehr hoffe, dass sie nicht die sozialen Bindungen der Gesellschaft aufsprengen. Es ist ja noch nicht alles ausgemacht. Ich glaube, dass wir auf dem Wege sind, eine kulturell engere Zusammenarbeit zustande zu bringen, und ich hoffe auch, dass das soziale Netz in Kuba immer tragfähiger wird - für alle Teile der Gesellschaft.

(Beifall des Abg. Matthias W. Birkwald (DIE LINKE))

Wäre es nicht gut, das Beispiel Kubas, das auch damit verbunden ist, dass dieser sogenannte Gemeinsame Standpunkt der Europäischen Union erledigt worden ist, öffentlich zu diskutieren? Ich würde es gut finden. Ich möchte auch ein klares Wort der Bundesregierung, dass sie sich künftig bei Abstimmungen über die Frage, ob die Blockade der USA gegenüber Kuba vollständig aufgehoben wird, auf die Seite der Gegner einer solchen Blockade schlägt. Das wollen wir hier diskutieren. Ich habe es ungeheuer genossen, dass Obama Kuba besucht hat.

(Erika Steinbach (CDU/CSU): Wir reden über Brasilien!)

Bei diesem großen Konzert der Rolling Stones in Havanna wäre ich gerne dabei gewesen und viele andere auch. Lassen Sie uns das gemeinsam ausbauen.

(Beifall des Abg. Matthias W. Birkwald (DIE LINKE))

Von Kuba komme ich zum zweiten Land und kann nur appellhaft sagen: Lassen Sie uns alles tun, um den Regierungschef Kolumbiens, den Präsidenten Santos, und die FARC-Rebellen zu ermuntern, bei dem geschlossenen Abkommen, das ja nicht von der Bevölkerung ratifiziert worden ist, zu bleiben. Diese Wunde des Krieges in Lateinamerika muss unbedingt geschlossen werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Da könnten Deutschland und die Europäische Union wirklich Einfluss nehmen und sagen: Wir wollen das, wir unterstützen das.

Ich komme zum dritten Land - da appelliere ich insbesondere an die Fraktion der SPD -: Die Absetzung von Dilma Rousseff in Brasilien war kein reguläres Verfahren. Die Putschisten in Lateinamerika kommen heute nicht mehr in Offiziersuniformen und Stiefeln daher, sondern es sind Menschen in Nadelstreifenanzügen.

Zu dem neuen Präsidenten ‑ ein illegaler Präsident, wie ich finde ‑ muss sich die Bundesregierung auch einmal erklären. Im Ausschuss ist meine Formulierung „Das war ein Putsch“ von fast allen bis auf die CDU/CSU geteilt worden. Das habe ich auch nicht anders erwartet.

Der neue Präsident hat als Erstes angekündigt, die öffentlichen Ausgaben für die kommenden 20 Jahre einzufrieren und dadurch im Bildungs- und Sozialbereich mehr als 100 Milliarden Euro einzusparen. Wissen Sie, was das für ein Land wie Brasilien bedeutet, wo unter Rousseff und Lula die Armut endlich bekämpft worden ist? Wenn man die öffentlichen Ausgaben einspart, schlägt man wieder auf die Armen und Benachteiligten der Gesellschaft ein. Ich finde, ein europäischer Protest wäre mehr als angemessen. Ich hätte gerne von der Bundesregierung gehört, ob sie es macht oder nicht. Hoffen wir einmal, dass sie sich einiges zu Herzen nimmt. Man kann nicht in Kuba die Bedingungen verbessern und dann sagen: Das größte Land der ganzen Region, das prägend ist, interessiert uns nicht. - Ich meine, dass wir gemeinsam in diese Richtung überlegen sollten.

Danke sehr.

(Beifall bei der LINKEN)