Grüne Hetze gegen Russland

... darf bei der Fußball-WM natürlich nicht fehlen
18.06.2018
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Wolfgang Gehrcke

Die Fußball-WM läuft, und die deutsche Nationalmannschaft hat ihr erstes Spiel verloren, unerwartet. Vorhersehbar hingegen war, dass die Grünen im Europaparlament (EP) wie im Bundestag den Beginn dieses Sportereignisses nutzen würden, um gegen Russland zu Felde zu ziehen. Ihre Europa-Abgeordnete Rebecca Harms – ihr Spezialgebiet: Verbreitung von Gerüchten zur Ukraine und zu Russland – hatte schon im Vorfeld mühsam 60 EP-Abgeordnete zusammengetrommelt, die an die Staats- und Regierungschefs der EU-Länder appellierten, Putin bei der WM „keine Bühne zu geben“. Das meinte wohl irgendetwas zwischen Boykott und Handschlag verweigern, sollte der russische Regierungschef ihnen über den Weg laufen. Am Eröffnungstag selbst konzentrierte sich das EP auf die Forderung nach politischen Freiheiten und Freilassungen in Russland, ähnlich die Grünen-Fraktion im Bundestag.

Nehmen wir als Teil fürs Ganze Rebecca Harms. Was bringt sie gegen die Teilnahme von Politikerinnen, Politikern an der Fußball-WM in Russland vor?

- Dort gäbe es keine Pressefreiheit, der Staat kontrolliere die Medien. Gegenfrage: Gibt es hier Pressefreiheit? Wer kontrolliert hier die Medien? Es muss ja nicht immer der Staat sein.

- Russland verletze Menschenrechte und habe politische Gefangene. Ich hatte zweimal in der russischen Duma Gelegenheit, auch diese Frage anzusprechen. Meine Erfahrung: Die Partner dort hören zu und wollen den Fällen nachgehen, vor allem dann, wenn jeder einzelne Fall konkret benannt und belegt ist. Für bedenkenswert in diesem Zusammenhang halte ich, dass häufig Wirtschaftsverbrecher wie etwa Michail Chodorkowski hierzulande als politisch Verfolgte gelten oder auch Rechtsaußenprovokateure wie Alexej Nawalny.

- Russland habe die Ukraine in einen immer noch andauernden Krieg gestürzt, nur weil sie sich mit der EU assoziieren wollte. Eine erstaunliche Sicht der Dinge. Haben russische Freischärler die rechtmäßige Regierung der Ukraine gestürzt und dafür fünf Milliarden Dollar aus dem Kreml erhalten? Oder kam das Geld nicht eher aus dem Pentagon, wie die Pläne auch, wie der damalige Präsident Obama im Gespräch mit Fareed Zakaria von CNN am 1.2.2015 sagte: „Herr Putin hat seine Entscheidung zur Krim und der Ukraine nicht aufgrund einer Gesamtstrategie getroffen, sondern im Wesentlichen, weil er aus dem Gleichgewicht geraten war wegen der Proteste auf dem Maidan und der anschließenden Flucht Janukowitschs, nachdem wir einen Deal zur Machtübergabe ausgehandelt hatten.“

- Putin unterstütze „Syriens Diktator Assad“ und sei deshalb mitschuldig an „grauenhaften Kriegsverbrechen“. Es ist in der Tat tragisch, dass mit der Einlösung von Russlands Beistandsverpflichtung gegenüber dem syrischen Staat Menschen auch durch russische Bomben getötet oder verletzt werden. Russland ist daran interessiert, seinen Militäreinsatz so schnell wie möglich zu beenden. Es gibt aber kein Grund, mittels Kritik am russischen Vorgehen in Syrien stillschweigend die von Anbeginn offenkundig völkerrechtswidrigen (und von Deutschland teils unterstützten) Angriffe der USA, Israels, Frankreichs, Großbritanniens und von der Türkei sowie die von Saudi-Arabien und Katar finanzierten und protegierten terroristischen Truppen zu übergehen und all diese Staaten aus ihrer Verantwortung zu entlassen. Sie haben den Krieg in Syrien begonnen. Wer heute fordert: Russland raus aus Syrien muss die Konsequenz bedenken. Die Konsequenz wäre nicht Frieden und auch kein einiger säkularer souveräner syrischer Staat.

Nun wissen wir, warum Rebecca Harms nicht zur Fußball-WM nach Russland fährt. Es hat sie auch keiner eingeladen.
Im Bundestag wurden am 14. Juni, dem Tag der WM-Eröffnung, Anträge der GRÜNEN und der FDP debattiert, in der Argumentation ähnlich wie von Rebecca Harms, im Ton nicht ganz so aggressiv. Für die Fraktion der LINKEN sprach in der Debatte ihr sportpolitischer Sprecher André Hahn. Er kritisierte u.a. das „zweierlei Maß“ in der politischen Beurteilung von Menschenrechtsverletzungen und sozialen Verwerfungen im Umfeld von Sport-Großereignissen wie u.a. der Olympiade in Südkorea 1988, in Atlanta 1996 oder 2012 in London, mit denen sich der Bundestag nie befasst habe – anders als jetzt zur WM in Russland. Zwischenfrage des Grünen-Abgeordneten Manuel Sarrazin: “Die Linke ist ja dafür bekannt, dass sie die Erhöhung des Rentenalters in Deutschland ausgesprochen stark kritisiert. Jetzt ist in Ihrer Rede bisher nicht vorgekommen, dass ausgerechnet heute Ministerpräsident Medwedew das Rentenalter in Russland für Frauen um acht Jahre und für Männer um fünf Jahre erhöht hat. Ist das nicht mit zweierlei Maß gemessen, dass Sie das bis jetzt in Ihrer Rede gar nicht erwähnt haben?“
Sehr gut, so kommt nun also eine Erhöhung des Renteneintrittsalters endlich auch bei Grünen in den Rang eines Menschenrechts, denn dort gehört sie tatsächlich hin.
Allein: In Russland gehen Frauen noch mit 55 und Männer mit 60 in Rente. Das soll sich nun ändern. Dieser Ausgangspunkt ist in der allgrünen Geschichtsvergessenheit wohl ebenso untergegangen wie die rot-grüne Rentenreform, mit der sie die Tür zur Erhöhung der Rente mit 67 für alle in Deutschland aufgestoßen haben. Nach der kraftvollen Intervention des Manuel Sarrazin sind wir in froher Erwartung des Kampfes der Grünen um die Rente mit 55 für Frauen und 60 für Männer, wie weiland in der Sowjetunion und derzeit noch in Russland.