Die LINKE im Bundestag: bespitzelt!

17.09.2009
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Alle Abgeordneten der Partei DIE LINKE. im Bundestag werden vom Verfassungsschutz bespitzelt. Dies gibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (07.09.) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. zu. Ihre Begründung: Es gebe "tatsächliche Anhaltspunkte", dass die Partei Die LINKE "gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebungen" verfolge. Aus den mir zugänglichen Unterlagen der Akten, die der Verfassungsschutz über micht angelegt hat, kann ich mir gut vorstellen, was zu diesen "tatsächlichen Anhaltspunkten" gehört. Zum Beispiel Kontakte zur PKK und zur FARC, die vom Verfassungsschutz, den Mainstream-Parteien und auch in manchen Medien zum Anlass genommen werden, mir "Sympathien für Terroristen" zu unterstellen. Und das ist meine wirkliche Position zum Thema FARC. 


Warum mit der FARC reden?

SPD, Grüne, CDU/CSU und FDP im Bundestag fordern, dass die kolumbianische Guerrilla-Organisation FARC nicht von der EU-Liste der terroristischen Organisationen gestrichen wird. Und wer mit der FARC rede oder dazu auffordere, unterstütze den Terror. 
Diese auch von den großen Medien verbreitete Formel hört sich vielleicht überzeugend an, wird aber der ebenso komplizierten wie komplexen Problemlage in Kolumbien nicht gerecht. Bürgerkrieg ist kein Resultat schlechter, terroristischer Gene eines Teils der Bevölkerung, sondern Ergebnis Jahrzehnte alter und zugespitzter Konflikte, für deren Lösung bislang die politischen Instrumente fehlten. Gespräche und Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien sind erfahrungsgemäß unverzichtbare politische Mittel. Daraus resultiert: Wer einen Verhandlungsfrieden in Kolumbien will, der muss auch mit der FARC reden. Und er muss sich ohne Beschönigung mit den Ursachen des Konfliktes auseinandersetzen.

Was also sind die historischen und sozial-ökonomischen Wurzeln des innerkolumbianischen Konfliktes? 
Kolumbien wird seit über 40 Jahre durch einen Bürgerkrieg erschüttert. Ursachen dafür sind in der extrem ungleichen Reichtumsverteilung des Landes und in den nach wie vor undemokratischen Strukturen auf der politischen Ebene zu finden. Eine kleine Schicht von Großgrundbesitzern verfügt über 90 Prozent der fruchtbaren, bebaubaren Böden. Sie besitzt die wirtschaftliche Macht und setzt diese auch politisch ein. Der innerkolumbianische Krieg hat bereits Zehntausenden das Leben gekostet. 
Kolumbien benötigt dringend eine Friedensperspektive. Ein stabiler Frieden, das zeigen die Erfahrungen aus Mittelamerika, wird nur möglich sein, wenn gleichzeitig über Frieden und die Demokratisierung von Gesellschaft und Wirtschaft verhandelt wird. Beim ersten Versuch, den Konflikt friedlich zu regeln, gab die Guerilla den bewaffneten Kampf auf und konstituierte sich als legale Partei. Dieser Versuch scheiterte daran, dass Todesschwadrone mit Billigung der Herrschenden die Mitglieder dieser Partei in großem Maßstab ums Leben brachten. Tausende von Aktivistinnen und Aktivisten aus Gewerkschaften, Hochschulen und Parteien sowie Parteifunktionäre wurden ermordet. Auf dem Lande wurde ein System des Terrors etabliert; Hunderttausende von Campesinos wurden von ihrem Land vertrieben. Großgrundbesitzer, die mit der Drogenmafia verbunden sind, eigneten sich dieses Land für den Coca–Anbau an. Das wirkt bis heute fort. 

Auch in Mittelamerika: El Salvador, Guatemala und Nikaragua fanden in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts Bürgerkriege statt. Diese konnten am Ende mehr oder weniger zufriedenstellend friedlich geregelt werden. 

Kolumbien benötigt ein Ende der Gewalt und der Menschenrechtsverletzungen. Beide Seiten - FARC und die Regierung - müssen die Menschenrechte respektieren. 
In den Gesprächen, die ich mit Vertretern der FARC und der kolumbianischen Regierung führte, habe ich auch diese Überzeugung beiden Seiten mitgeteilt. Der FARC habe ich gesagt, dass ich Geiselnahmen für grundlegend falsch halte und die Geiseln freigelassen werden müssen. 
Der Konflikt in Kolumbien ist brandgefährlich. Er wirkt bereits weit über Kolumbien hinaus und ist Ursache für regionale Spannungen. Als erstes sollten beide Seiten eine Waffenruhe vereinbaren und mit einem Gefangenenaustausch beginnen. Die FARC ist dazu bereit. FARC und Regierung müssen auch über die zukünftige demokratische Gestalt des Landes verhandeln. Seit der Präsidentschaft von Uribe hat sich die Lage in Kolumbien zugespitzt. Die Regierung Uribe erweckt nicht den Eindruck, als wolle sie den Konflikt friedlich lösen. Im Gegenteil, sie heizt ihn an. Sie hat sich darauf festgelegt, den Konflikt militärisch und nicht durch Verhandlungen zu lösen. Dafür erhielt sie grünes Licht von der Bush-Regierung in den USA. 
Auch die Bundesregierung, insbesondere die CDU, sieht in Uribe einen Schlüsselpartner in Lateinamerika und stützt letztlich dessen menschenrechtsfeindliche Politik. Obwohl Uribe die Auflösung der Paramilitärs versprach, setzen deren Todesschwadrone ihre Mordaktionen fort. Menschenrechtsorganisationen aus Kolumbien sagen, dass dies mit Tolerierung der Regierung geschehe. Tagtäglich finden politische Morde statt. Weiterhin werden Bauern eingeschüchtert und von ihren Ländereien vertrieben. Nun geht es nicht nur um Flächen für den Coca-Anbau, den sich die Großgrundbesitzer aneignen wollen, sondern auch um den Anbau von Pflanzen zum Zweck der Produktion regenerativer Brennstoffe. Letzteres ist zum großen Geschäft geworden. 
Studenten, Gewerkschafter und Vertreter von Menschenrechtsorganisationen sowie fortschrittlicher Parteien sind nach wie vor Opfer von Verfolgungen. Dies alles muss beendet werden!
Für glaubwürdige, ernsthafte Friedensinitiativen muss die FARC in den Friedensprozess eingebunden werden. Sonst wird es keine friedliche Perspektive der Konfliktregulierung in Kolumbien geben. Aber kein FARC-Vertreter kann in Europa Gespräche führen, solange ihm Verhaftung droht. Europa kann nur dann als – neutraler - Mediator in diesen Prozess eingreifen, wenn es die FARC von der Terrorliste streicht.